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Das Kind im Krankenhaus

Ruhe bewahren, trösten und manchmal ablenken- so unterstützen Eltern die jungen Patienten  

Hanna (Name von der Redaktion geändert) stützt ihr Kinn auf den Händen ab, hört aufmerksam zu, lacht. Die 11-Jährige sitzt mit ihrem Vater in einem Behandlungszimmer der Kinder-Diabetesambulanz des St. Vincenz-Krankenhauses Paderborn. Hanna ist Diabetikerin. Vor ihr auf dem Tisch liegt ihre Insulinpumpe. Deren Daten wurden ausgelesen und nun bespricht Oberarzt Dr. Johannes Wolf mit beiden die Werte der Schülerin. Außerdem untersucht der Mediziner die Einstichstellen an ihrem Bauch, über die das Insulin in ihren Körper gelangt.

Hanna nimmt’s gelassen: „Ich kenne das ja, es tut nicht wirklich weh und hier sind alle sehr nett!“Die Ambulanz, die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, die Kantine sind ihr sehr vertraut, denn das erste Mal kam sie als Dreijährige hierher. Eine Woche vor ihrem vierten Geburtstag“, erzählt der Vater, „war Hanna immer sehr, sehr müde und hat viel getrunken. Unser Kinderarzt hat sie dann ins Krankenhaus überwiesen. Wir dachten, wir kommen nur zur Untersuchung her, mussten letztendlich aber zwei Wochen bleiben.“Er spricht bewusst von wir. „Es hat uns damals sehr geholfen, dass wir ein Patientenzimmer zusammen bekamen.“

Seine Frau und er haben sich abgewechselt, sodass immer einer von ihnen bei Hanna sein konnte. Auch deren kleinen Bruder, der damals noch ein Säugling war, durften die Eltern mitbringen – so konnten sie ihm gerecht werden und trotzdem viel Zeit mit ihrer Tochter verbringen.„Für unsere jungen Patienten ist immer das Wichtigste“, betont Chefarzt Dr. Friedrich Ebinger, „dass ihre Eltern bei ihnen sind! Deshalb bieten wir für alle Kinder bis zum neunten Geburtstag das so genannte Rooming in an. Bei Älteren geht das auch, wenn sie zum Beispiel eine schwere Krankheit haben oder an Trennungsangst leiden!“

 

Die Ängste der Eltern

Die Ärzte der Kinderklinik haben es immer mit einer Dreieckskonstellation zu tun: mit den Patienten und automatisch auch deren Eltern. „Die können sehr unterstützend wirken, aber die Untersuchungen und Behandlungen auch erschweren“, weißPrivatdozent Dr. Ebinger. „Wenn Eltern in Panik sind, überträgt sich das aufs Kind. Das Wichtigste ist, dass Mütter und Väter ihre eigenen Ängste anders kanalisieren, sich sammeln und einigermaßen zur Ruhe kommen – auch wenn es ihnen schwer fällt!“.

Hannas Familie ist das gelungen: Ihre Eltern haben die Diagnose nicht als Katastrophe gesehen, sondern sich darauf konzentriert, zu lernen was nötig ist, um mit der Diabetes ihrer Tochter im Alltag umzugehen.

Hanna kommt alle drei Monate zur Routineuntersuchung und Besprechung.Mit zehn musste sie für vier Tage alleine zu einer Schulung in die Klinik. „Angst hatte ich nicht davor, ich lag mit zwei anderen Mädchen auf dem Zimmer, die waren nett. Meine Eltern und Geschwister haben mich jeden Tag besucht.“

Zwischen beschönigen und dramatisieren

Die Atmosphäre in der Kinder- und Jugendklinik prägen  fröhliche Bilder an der Wand, bunte Spielgeräte aus Holz und Dekorationen. Die Gefühle der jungen Patienten sind dennoch zwiespältig, denn im Krankenhaus erleben sie oft zum ersten Mal, dass ihre Eltern ihnen nicht helfen können – eine schwierige Erfahrung für beide Seiten. „Aber Mütter und Väter können im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr unterstützen“, betontder Chefarzt. „Nicht vor einer Blutabnahme behaupten, es würde nicht wehtun! Eltern sollten ihre Kinder altersgerecht informieren und währenddessen ablenken.“ Sie zu bedauern oder sich womöglich zu entschuldigen seiauch nicht hilfreich!Auch Sätze wie „Jetzt reiß Dich mal zusammen!“ möchte der Mediziner nicht hören.

Er beobachtet seit längerem, dass immer weniger Eltern mit Krankheiten ihrer Kinder umgehen können und viele die Erwartung haben, sie kämen in die Klinik und dann würde alles „schnell wieder repariert“. Im Alltag erleben die Ärzte einerseits überängstliche Eltern und auf der anderen Seite solche, die Kopf-, Bauch- oder Gliederschmerzen ihrer Sprösslinge bagatellisieren. „Dabei nehmen Krankheiten ohne klare körperliche Befunde zu – so leiden immer mehr Kinder und Jugendliche an Migräne“, erklärt der Chefarzt.

Psychologische Unterstützung annehmen

Wer durch die Flure der Kinderklinik läuft, trifft hier auch Psychologinnen. Ganz egal, ob wiederkehrende Aufenthalte notwendig sind, lange oder kurze, ob ambulant oder stationär behandelt wird: Diese Unterstützung können alle Kinder, Jugendlichen und Eltern nutzen. „Wenn wir eine Psychologin empfehlen, heißt das nicht, dass wir die körperlichen Symptome des Kindes nicht ernst nehmen, sondern im Gegenteil!“, stelltDr. Ebinger klar. „Körper und Psyche gehören zusammen, so sollte eine Behandlung auch beides einbeziehen.“ Hanna und ihre Eltern haben auch einmal mit einer Psychologin geredet. Die Schülerin hat ihre stationäre Zeit gut verkraftet.„Für chronische Patienten wie Hanna ist es nach dem Krankenhausaufenthalt wichtig, dass die Eltern keinen Schonraum einrichten, sondern den Alltag normal weiterleben“, so der Mediziner. Auch ihren Eltern war das wichtig. Was nötig ist, regeln sie für ihre Tochter, doch seit Jahren übernimmt die Schülerin selber immer mehr Verantwortung im Umgang mit ihrer Insulinpumpe.

Vater und Tochter haben die Besprechung mit dem Oberarzt  beendet. So unaufgeregt wie sie gekommen sind, verlassen beide auch das Krankenhaus. Die Unterstützung ihrer Eltern, der Ärzte und Schwestern hat bewirkt, dass Hanna ihre Klinikaufenthalte als notwendigen Teil ihres Lebens akzeptiert.

Christine Finger

Foto:WavebreakmediaMicro/Fotolia

 

Tipps für Eltern

Vor dem Krankenhausaufenthalt

Dem Kind

  • erklären, warum es ins Krankenhaus kommt und was dort passiert
  • ehrlich antworten, um sein Vertrauen nicht zu erschüttern

Mit Krankenkasse und Arbeitgeber klären,

  • ob und wie lange Sie freigestellt werden können
  • ob Anspruch auf Kinderpflege-Krankengeld besteht (gesetzliche KK)
  • ob die Krankenkasse die Kosten für die Begleitperson im Krankenhaus übernimmt

Während des Krankenhausaufenthalts 

Eltern helfen ihrem Kind

  • durch ihre Anwesenheit und geben ihm Sicherheit
  • indem sie die Behandlung optimistisch begleiten, 
trösten und bei Bedarf ablenken

 

Nach dem Krankenhausaufenthalt

Ein Krankenhaus-Aufenthalt

  • endet nicht mit der Entlassung: Er wirkt bei Kindern oft nach
  • erfordert liebevolle Aufmerksamkeit und viel Zeit, um das Kind wieder zu stärken.