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Mehr Zeit für Familien

Bielefelderin Christina Kampmann ist seit Oktober Ministerin in Nordrhein-Westfalen

Klar hat sie sich Bedenkzeit erbeten. Doch eigentlich war Christina Kampmannschon mit dem Anruf klar: „Das will ich machen“. Der Anruf kam von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und das Jobangebot lautete: Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen. „Ich war geschockt. Natürlich im positiven Sinne“, erinnert sie sich. Und gleichzeitig war ihre Freude groß: „Denn ich wollte auf jeden Fall, diese Aufgabe übernehmen.“

Es ist Samstagmittag. Christina Kampmann ist mal wieder in Bielefeld. Wir treffen uns am Siegfriedplatz. Die bekennende Bielefelderin(„Hier ist mein Zuhause“) wuchs im Süden auf einem Bauernhof auf und lebt jetzt im Westen der Stadt: „Ein Viertel mit vielen Familien und Kindern.“Aufregende Tage liegen hinter ihr. Ihr Arbeitsplatz war bis vor wenigen Wochen noch Berlin,jetzt ist es Düsseldorf. In der Bundeshauptstadt 6 Mitarbeiter, jetzt in der Landeshauptstadt 258.Ihr Weg in der Politik ist rasant. 2006 tritt sie den Jusos bei, 2007 der SPD, macht viele Jahre ehrenamtlich Politik auf Stadtebene. 2013 zieht die Bielefelderinals Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein und macht fortan hauptberuflich Politik:„Das Vertrauen von Wählern ist schon besonders.“ Und jetzt der nächste Karriereschritt.

Am 1. Oktober wurde sie als Ministerin vereidigt. Mit ihr hat in diesem Mammutministerium ein Generationswechsel stattgefunden, im Kabinett von Hannelore Kraft ist sie die Jüngste. Dieses Ressort sei ihr eine Herzensangelegenheit, betont sie und ergänzt: „Wer sich entscheidet in die Politik zu gehen,  der will auch etwas bewegen.“ Das Angebot als Ministerin im bevölkerungsreichsten Bundesland zu wirken und zu arbeiten, bekomme man schließlich nicht alle Tage. Es mache sie auch nicht bange, denn sympathisch selbstbewusst fügt sie an: „Das Ministerium passt zu mir.“

Formuliert man eine Stellenbeschreibung für dasAmt, so bringt Christina Kampmann mit ihren 35 Jahren viele Qualifikationen mit. Die Diplom-Verwaltungswirtin war viele Jahre bei der Stadt Bielefeld beschäftigt und studierte in dieser Zeit berufsbegleitend Politikwissenschaftenan der Fernuniversität Hagen.Zuletzt arbeitetesie beim Standesamt.  Noch mehr nimmt die Politikerin aus ihrer Zeit im Sozialamt für ihre jetzige Tätigkeit mit, kennt die Biographien nicht vom Hörensagen, sondern hat sie selbst kennen gelernt. „Es ist nicht egal, wo man aufwächst.Es gibt tatsächlich Familien, die seit Generationen Transferleistungen bekommen.“

Stichwort soziale Gerechtigkeit. Und schon ist sie mitten im Thema. „Wir leben in einer Zeit,  in der die Chancen für Kinder nicht gerecht verteilt sind und es gibt Menschen, die Vollzeitarbeiten, aber nicht von ihrem Lohn leben können.“Deshalb ist sie für den Mindestlohn und begrüßt es, dass das  Betreuungsgeld vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Den Fokus in ihrer Arbeit möchte die Ministerinunter anderem auf Alleinerziehende legen, die mit stärkeren Belastungen zu kämpfen hätten als andere Familien- sowohl beim Geld als auch im Hinblick auf Zeit.  „Das geht ganz klar aus dem Familienbericht hervor, der jetzt erstmals nach 25 Jahren für NRW wieder vorgelegt wurde“, so Kampmann.

Die Politikerin betrachtet ihn als wichtige Grundlage, weil die Familien erstmals sich selbst mit einbringen und ihre Bedürfnisse äußern konnten. Dabei tratdeutlich zutage,dass Zeitmangel das Problem ist, das Familien in NRW am meisten belastet- und zwar quer durch alle Bevölkerungsschichten. Mit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf könne dem entgegen gewirkt werden, so die Ministerin, die sich auch Impulse vom Familiengipfelmit Arbeitgebern und Gewerkschaften erhofft:„Nicht zuletzt durch den Fachkräftemangel zeigen sich Arbeitgeber immer mehr für kreative Lösungen offen, die Familien zeitlich entlasten können.“

Wichtig ist Christina Kampmannseit jeher der persönliche Kontakt- auch zu Kindern und Jugendlichen, die sie direkt einbinden möchte. „Ich habe sie immer interessiert an Politik erlebt.“ Die Schüler einer 3. Klasse aus Bielefeld wünschten sich 2013 in einem Brief an sie unter anderem, „dass sich Peer Steinbrück und Angela Merkel vertragen, Kinder auch wählen dürfen und die Kinder aus Syrien zu uns dürfen, bis der Krieg aufgehört hat.“ Die Integration von Flüchtlingskindern - eine weitere große Herausforderung für die Ministerin.

Susanne Esser

Foto: Jörg Dieckmann